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Grußwort zum 150. Jubiläum der Stadtkirche "Zum Heiligen Kreuz" in Falkenstein

Immer wenn wir aus dem Urlaub nach Falkenstein zurückkommen, fragen wir im Auto: „Wer sieht als erster unseren Kirchturm?” Wir freuen uns darauf, weil wir ein Stück Heimat erkennen. Geht es Ihnen auch so?

Sehr verehrter Herr Landesbischof Dr. Rentzing,
meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kirchgemeinde,

es ist für mich, dem Traditionen und Werte wichtig sind, ein gutes Zeichen, wenn eine Kirche zum Symbol für eine Stadt, für unsere Heimat steht. Zeigt es doch, wie eng verbunden hier in Falkenstein Kirche und Stadt sind. Das ist nicht selbstverständlich.

Aber bei einer Kirche geht es nicht nur um das Gebäude selbst, sondern auch darum, was mit ihm in Verbindung steht. Es geht um Menschen, Gemeinschaft, Glaube, um Hoffnung und Nächstenliebe - es geht um ein Miteinander und um das „Füreinander da zu sein“. Daher gratuliere ich Ihnen und uns allen ganz herzlich zum 150. Jubiläum der Kirchweihe unserer Stadtkirche „Zum Heiligen Kreuz“. Ich danke Ihnen für Ihren Dienst und für Ihren Einsatz, mit dem Sie als Kirchgemeinde, dieses Haus während der vergangenen 150 Jahre mit Leben gefüllt haben.

Als es nach dem großen Stadtbrand 1859 darum ging, die Kirche auf dem Flurstück mit der Nr. 1 neu zu errichten, stand sicher auch nicht nur das eigentliche Gebäude im Zentrum der Überlegungen. Die Verantwortlichen wollten offenbar ein Zeichen setzen und bewusst Zeugnis ablegen, wie wichtig es den Menschen hier in Falkenstein ist, zu zeigen: Gott wohnt unter uns, in einem Gebäude, das weit über die Grenzen der Stadt hin sichtbar ist. Und so herrschte sicher eine Aufbruchstimmung, eine gewisse Euphorie. Aber auch der Mut und der gemeinsame Wille, als Gemeinde anzupacken.

Die Kirche, das Haus Gottes, sollte wieder einen zentralen Platz in der Stadt Falkenstein einnehmen, von der Bürgerschaft und der Gemeinde selbst mit Stolz und Ehrfurcht getragen werden. Wir wissen, dass es keine schnelle Entscheidung gab, die Kirche neu zu errichten. Sogar das Königreich Sachsen war in die Entscheidung eingebunden.

Nach intensiven Diskussionen wurde kleiner gebaut, als geplant - statt für 1.200 lediglich für 1.000 Besucher. Neben Diskussionen um die Architektur, ging es um die Bauzeit, um die Baukosten und wie dieses Gebäude dann auch von der Gemeinde unterhalten werden kann. Das erinnert mich alles an die heutige Zeit.

1865 befürwortete das Königliche Ministerium schließlich den guten und ausgereiften Bauplan für den Kirchenneubau und die feierliche Grundsteinlegung fand statt. Für die relativ kurze Bauzeit von 1865-1869 spricht, dass es offenbar keine europaweite Ausschreibungen zu den Bauleistungen gab. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu Schallimmissionen, die der Klang der Kirchenglocken verursachen würde, war nicht bekannt und auch ein aufwendiges Fördermittelverfahren wurde offenbar geschickt umgangen. Das ist wiederum anders als heute.

Entstanden ist diese großartige Kirche, ein wichtiger Ort des Evangelischen Glaubens. Und weil sich die christliche Tat des einzelnen Gemeindemitgliedes nicht im sonntäglichen Kirchgang und im Anhören der wöchentlichen Predigt erschöpfen kann, ist Kirche heute eben vor allem eine lebendige Einrichtung.

Sie ist das Werk einer starken und engagierten Gemeinde, die weit über ihren kirchlichen Kreis wirkt, das kulturelle und soziale Leben in der Stadt und der Region in vielen Bereichen des Lebens prägt und bereichert. Auch dafür möchte ich den Mitgliedern der Kirchgemeinde herzlich danken.

Meine Damen und Herren, wir begehen heute auch den Tag der Deutschen Einheit. In diesen Tagen jähren sich die friedlichen Proteste des Herbstes 1989, die den Stein dazu ins Rollen gebracht haben, zum 30. Mal - also noch ein Jubiläum, dass wir feiern dürfen.

Auch hier fanden sich viele Menschen zusammen, wollten gemeinsam ein Zeichen setzen und für Neues in diesem Land streiten. Auch hier herrschte eine Aufbruchstimmung, eine gewisse Euphorie und der Mut und die gemeinsame Entschlossenheit, als Gesellschaft anzupacken und Veränderungen herbeizuführen.

Aber für die Deutsche Einheit gab es im Gegensatz zum Bau dieser Kirche keinen guten, verbindlichen und genehmigten Plan. Der Wille, dieses Land, dieses Volk wieder zu vereinen, war der Wegweiser.

Ich war damals 18 Jahre alt und erinnere mich noch gut. Wir strebten nach Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, freien Wahlen und nach der D-Mark. Wir hatten großen Pläne: berufliche Veränderung, vielleicht eine Selbständigkeit, Reisefreiheit oder das neue Auto.

Und wir waren dann damit konfrontiert, dass sich für uns auch alles andere veränderte. Manche Wünsche gingen in Erfüllung, andere Hoffnungen haben sich nicht erfüllt. Viele machten sich erfolgreich auf und unternahmen etwas. Bei einigen gab es aber auch einen Riss in der persönlichen Biografie.

Vielleicht würden wir, die jetzt Verantwortung für dieses Land tragen dürfen, mit den Erfahrungen der Älteren und unserem Wissen von heute, manches anders machen. Fehlerfrei würden auch wir sicher nicht sein.


Aber ohne Zweifel, meine Damen und Herren, ist diese Deutsche Einheit eine große Leistung der Menschen in diesem Land, speziell der Ostdeutschen und der Sachsen. Sie ist ein Geschenk, vor allem, wenn man bedenkt, dass sie gewaltfrei errungen wurde. Das war ein großer Verdienst unserer Kirchen.

Und wer sich an so manches Bild aus der Zeit der Wende erinnert und es sehen will, der wird sagen: im Grund genommen geht es den allermeisten Menschen in diesem Land gut und im Verhältnis zu anderen Ländern geht es uns sogar sehr gut.

Wir dürfen stolz sein, auf vieles, was sich verändert hat. Wir dürfen gespannt sein, auf das, was sich noch verändert und weiterentwickelt. Und wir sollten uns daran orientieren, was, so hoffe ich, noch viele Jahre Bestand hat, was uns leitet im Leben, was es zu erhalten und zu bewahren gilt. Diese Kirche „Zum heiligen Kreuz“ ist auch dafür ein hervorragendes Beispiel.

Ich wünsche es uns allen, der Kirchgemeinde, der Stadt und dem Land, dass wir das immer bedenken. Sorgen wir dafür, dass die Menschen in unserer Heimat auch künftig den Mut und den Willen haben, anzupacken und ihre Freiheit nutzen, um gemeinsam unsere Zukunft zu gestalten.

Mit Gottes Hilfe wird uns das gelingen.

Herzlichen Dank